Die Kräuterliköre dieser Welt schmecken sowieso alle wie Jägermeister? Falsch! Falsch! Falsch! Sowas sagt nur jemand, der noch nie den Chartreuse Verte aus Frankreich probiert hat. Gegen diesen Knaller aus dem Kloster kann der Hirsch aus Wolfenbüttel einpacken.
Über 130 verschiedene Kräuter und Gewürze als Zutaten, bis zu acht Jahre im Eichenfass gereift und eine Rezeptur älter als fast alles andere in der Welt der Spirituosen, gehütet vom verschwiegenen Orden der Kartäuser – das ist der Chartreuse Verte, ein ganz besonderer Likör aus Frankreich. Er ist schon seit einiger Zeit der geheime Star der Bar(keeper)-Szene und hat in den letzten Jahren diverse Auszeichnungen abgeräumt. Ich kannte ihn bis vor wenigen Wochen noch gar nicht. Aber jetzt, wo ich ihn sehr genau kennengelernt habe, muss ich sagen: Den Hype – zumindest innerhalb der Szene – kann ich gut verstehen.
Kampf der Kräutergiganten

Ich habe überhaupt nichts gegen einen eiskalten Jägermeister zu rechten Zeit einzuwenden – ganz im Gegenteil. Aber wer den deutschen Verkaufsschlager im Shot-Glas direkt mit dem Chartreuse vergleicht, erkennt sofort einen gewaltigen Unterschied. Was aromatische Vielfalt und geschmacklichen Tiefgang angeht, kommt der Hirsch aus Wolfenbüttel nicht gegen den Grünen aus dem Kartäuserkloster an.
Bei letztgenanntem schmecke ich Anis, Honig und Basilikum, in der Nase habe ich Minze, Ingwer und Pfirsich. Er hat etwas Erdiges und gleichzeitig Frisches. Mit jedem Schluck entdeckt man neue Aromen. Das ist kein Wunder bei über 130 Zutaten. Und: Die stolzen 55 Prozent Alkohol machen sich kaum bemerkbar – zumindest nicht so sehr, wie man es erwartet. Der Abgang ist extrem langanhaltend. Im direkten Vergleich wirkt der Jägermeister meiner Meinung nach recht fad und langweilig, eindimensional und ohne Extras, mit kurzem Abgang und ohne Wow. Auch farblich finde ich das schimmernde Grün des Chartreuse ansprechender als das kräuterlikörige Braun des Jägermeisters.
Wegen seiner einzigartigen Komplexität ist es sehr schwierig, eigentlich unmöglich, eine Ersatzzutat für einen Cocktail zu empfehlen, der explizit nach dem Chartreuse Verte verlangt (Rezepte s. unten). Das Original ist einfach zu eigenartig (im positiven Sinne), um es zu ersetzen.
Erfinder? Unbekannt!
Zu viele Schnapshersteller spielen zu Unrecht mit dem Begriff „Tradition“ und trimmen selbst neue Produkte pseudomäßig auf alt. Die Produzenten des Chartreuse dürfen hingegen mit Fug und Recht auf eine lange, sehr lange Geschichte ihrer Schöpfung zurückblicken. Wobei: Wirklich erfunden haben die Mönche den Kräuterlikör nicht. Denn 1605 (die Jahreszahl, die auch auf der Flasche steht) überreichte der französische Diplomat und Heerführer François-Annibal d’Estrées den Kartäusermönchen im Kloster von Vauvert im heutigen 6. Arrondissement von Paris ein Rezept für ein Lebenselixier – oder auf Französisch „Élixir Végétal“. Ursprung? Wahrscheinlich eine Mixtur eines unbekannten Alchimisten. Das liegt wie so oft im Dunkel der Geschichte.
Erst über 100 Jahre später wurde auf Grundlage dieses Rezepts – mutmaßlich nach etwas Kräuter-Tuning – in der Kartäuserzentrale, der Grande Chartreuse nahe Grenoble, der erste Likör hergestellt. Das „Élixir Végétal de la Grande Chartreuse“ ist praktisch der Urahn aller heute erhältlichen Abfüllungen und immer noch zu kaufen. Wegen der starken 69 Prozent Alkohol verkaufen die Mönche es aber nur in 100-Milliliter-Flaschen. Verwendet wird es eher in homöopathischen Mengen ähnlichen Angostura Bitter & Co. Im Jahr 1764 entstand auf dieser Basis dann der heutige Chartreuse Verte. Seit 1838 gibt es auch eine mildere, gelbe Variante: Der Chartreuse Jaune dreht sich mit „nur“ 40 Prozent. Außerdem existieren noch einige Jubiläums- sowie Sonderabfüllungen mit extra langer Reifezeit.
Große Keller, wenige Eingeweihte
Bleiben wir aber beim grünen Flaggschiff der Kartäuser-Liköre: Trotz der Wirren der Französischen Revolution, des harten Einschnitts einer zwischenzeitlichen Verstaatlichung der Produktion samt Vertreibung der Mönche aus Frankreich und einem Erdrutsch, der die Brennerei in Fourvoirie zerstörte, wird der Chartreuse Verte immer noch nach dem alten Rezept hergestellt – heute allerdings in der Gemeinde Voiron. Dort lagert der Brand auch in Eichenfässern – und zwar in einem 164 Meter langen Keller, angeblich der größte Likörkeller der Welt.
Apropos „angeblich“: Angeblich kennen immer nur zwei Mönche zur gleichen Zeit das alte Rezept. Ausschließlich diese beiden Mönche stellen hinter den Klostermauern die Kräuter, Gewürze und sonstigen Zutaten zusammen – so wie schon vor über 250 Jahren – und schicken diese Mixtur abgepackt in die Brennerei. Aus der ganzen Sache machen die Kartäuser also ein riesiges Betriebsgeheimnis.
Cocktails mit Chartreuse Verte: Meine Favoriten
Es scheint sich zu lohnen – zumindest aus meiner Sicht. Denn aktuell gehört der Chartreuse Verte zu meinen absoluten Favoriten in der Hausbar. Das kann sich zwar wöchentlich ändern. Aber derzeit experimentiere ich sehr gerne mit diesem Likör, der aufgrund seines kräftigen Charakters jedem Cocktail seinen Stempel aufdrückt – je nach Zusammenstellung etwas mehr oder etwas weniger. Nach einer Reihe von Tests und Versuchen habe ich euch eine kleine Auswahl meiner Chartreuse-Cocktail-Favoriten zusammengestellt. Pur auf Eis oder direkt aus dem Tiefkühler funktioniert er aber fast ebenso gut.
Last Word

Wohl DER Klassiker mit Chartreuse, obwohl der Kräuterlikör in dieser Mischung gar nicht so sehr im Vordergrund steht, weil alle Zutaten im gleichen Verhältnis gemixt werden.
2 cl Chartreuse Verte
2 cl Gin
2 cl Maraschino-Likör
2 cl Limettensaft
Alle Zutaten im Shaker mit Eis ordentlich schütteln, in einen Tumbler abseihen.
The Final Ward

Eine Abwandlung des „Last Word“, wobei ich als Whisky-Fan etwas mehr Roggen-Whisky zugebe und dafür etwas weniger Maraschino. Letzterer ist doch immer recht deutlich herauszuschmecken.
3 cl Roggen-Whisky
2 cl Chartreuse Verte
1 cl Maraschino-Likör
2 cl Zitronensaft
Alle Zutaten im Shaker mit Eis ordentlich schütteln, in ein Martini- oder Coupe-Glas abseihen.
Bijou

Nach dem „Last Word“ wohl der zweite Chartreuse-Klassiker. Hier steht allerdings der süße Wermut etwas im Vordergrund, aber auch der Likör ist zu schmecken – dafür hat der Chartreuse einfach eine zu markante Note.
4 cl Gin
2 cl Chartreuse Verte
3 cl Süßer Wermut
2 Spritzer Orange Bitter
Alle Zutaten im Rührglas mit Eis ordentlich rühren, in ein Martini- oder Coupe-Glas abseihen.
Chartreuse Smash

Frische Minze im Cocktail – das ist eigentlich immer super. Das ist auch bei diesem Drink der Fall. Die Kombination aus Minze, Zitrone und Chartreuse ist sehr erfrischend.
6 cl Chartreuse Verte
3 cl Zitronensaft
1 TL Zuckersirup
10 Minzblätter
Zitronensaft, Zuckersirup und Minzblätter im Shaker leicht andrücken, Chartreuse Verte hinzugeben, alles mit Eis ordentlich schütteln, durch ein Feinsieb abseihen.
Green Eyes

In Kombination mit dem Eiweiß ein echter Knaller: Cremig und gleichzeitig spritzig. Obwohl der Chartreuse in der Zutatenliste nur die zweite Geige spielt, ist sein Aroma doch deutlich zu schmecken.
4 cl Gin
2 cl Chartreuse Verte
2 cl Limettensaft
1,5 cl Zuckersirup
1,5 cl frisches Eiweiß
Alle Zutaten im Shaker zuerst ohne Eis schütteln, danach noch einmal mit Eis ordentlich schütteln, in einen Tumbler abseihen.
Chartreuse Swizzle

Vom Barkeeper Marcovaldos Dionysos anlässlich einer Cocktail-Wettbewerbs erfunden. Ein toller Drink, dem ich persönlich noch etwas mehr Chartreuse und etwas mehr Falernum zugebe. Daraus ergibt sich dann folgende Rezeptur:
5 cl Chartreuse Verte
3 cl Ananassaft
2,5 cl Limettensaft
2,5 cl Falernum (Rum-Likör)
Alle Zutaten in ein Highball-Glas geben, mit zerstoßenem Eis auffüllen und ordentlich rühren.
Chartreuse Sour

Ein Sour ist einfach und vielseitig: Neben der Basisspirituose kommt einfach Zucker und Zitrone dazu – mit Chartreuse echt mal lecker.
6 cl Chartreuse Verte
3 cl Zitronensaft
2 cl Zuckersirup
Alle Zutaten im Shaker mit Eis ordentlich schütteln, in einen Tumbler abseihen.
Chartreuse Tonic

Dass man Tonic nicht nur mit Gin mixen kann, hat sich wohl längst rumgesprochen. Also warum dann nicht einfach mal mit Chartreuse versuchen?
3 cl Chartreuse Verte
10 cl Tonic Water
Chartreuse Verte in ein Highball-Glas mit Eis füllen, mit Tonic Water auffüllen.
Fotos: Cora Lanzerath
Chartreuse Vert,der französische Klassiker schlechthin,man nehme 2oder 4cl dieses gehaltvollen Likörs, in einem großen Cognac Schwenker,ohne Eis,ungekuehlt, lasse ihn langsam im Munde zergehen,bis er Körpertemperatur erreicht erreicht hat,und die Zunge langsam etwas beginnt zu kribbeln,,durch den hohen Alkohol Gehalt,dann langsam schlucken,und spüren,wie er seine Wirksamkeit entfaltete,zum Abschluss eines Dinners,nach meinem dafür halten,besser als jeder Käse nach dem Essen, ich persönlich genieße diesen Liquoer seit mehr als 40 Jahren, ist nicht,, um sich sinnlos zu betrinken,sondern die Kraft des Alkohol s und die verschiedenen Kräuter und ingredenzien zu genießen,