Ich hatte vor ein paar Tagen die erste Gin-Box von den Abonauten in der Post. Und für das Premieren-Tasting-Set haben sich Marco und Christian von dem jungen Gin-Startup für drei Sorten entschieden, die ich tatsächlich noch nicht kannte: Tschin, Just Juniper Berry und The Illusionist. Genau die habe ich verkostet, um euch an dieser Stelle meine Eindrücke zu schildern. Eins schon vorweg: Es gab Höhen und Tiefen.
Wer mehr zum Gin-Abo von den Abonauten erfahren möchte, schaut sich einfach das Video an (s. oben). Dafür hab ich vor der Kamera die Gin-Kiste ausgepackt und erzähle noch ein bisschen was zum Inhalt, zur Aufmachung und zu den Preisen.

Tschin: Ein schwieriger Gin
Im Fricktal, im schweizerischen Kanton Aargau, ganz dicht an der Grenze zu Deutschland, stellt die Familie Käser schon seit fünf Generationen verschiedene Brände her. Auf Familienoberhaupt Ruedi Käser geht Tschin zurück – ein Gin, der auf Minimalismus setzt. Lediglich vier Botanicals kommen zum Einsatz: Wacholder, Kirchblüten, Waldmeister und Waldbeeren. Das ist ein erfrischend schlichter Gegensatz zu dem Botanical-Wahn, dem viele andere Gin-Hersteller anheimfallen. Ebenso minimalistisch, aber sehr elegant, kommt das Flaschen-Design. Ein schlicht gehaltenes Etikett, dessen Aufdruck eher an Kindermalerei erinnert – oder an moderne Kunst (ist für mich oft das Gleiche).
Weniger gelungen finde ich den Gin selber. Ich habe jetzt wirklich oft probiert – auch mit Tonic Water –, aber der Tschin riecht und schmeckt muffig, fast sogar etwas faulig. Es tut mir leid, dass ich das sagen muss – zumal ich offensichtlich mit dieser Meinung ziemlich alleine dastehe, wenn ich mir andere Tastings im Netz so durchlese. Mit Tonic wird es meiner Meinung nach sogar noch schlimmer.
Im Geschmack kommen zwar auch ein bisschen Waldmeister und Wacholder raus, der Alkohol ist sehr dezent. Aber am Ende erinnert er mich immer an Seife und Blumenerde – und zwar im Mix. An anderer Stelle wird der Tschin in den höchsten Tönen gelobt, aber bei mir ist er unten durch. Sorry an die Käsers, aber das ist nun mal mein persönliches Geruchs- und Geschmacksempfinden – und das findet diesen Gin schwierig.
Just Juniper Berry: Die volle Wacholder-Dröhnung
Noch mehr Minimalismus geht nicht? Doch! Mit dem Just Juniper Berry aus Südafrika. Wie der Name schon sagt, kommt hier einzig und alleine Wacholder als Botanical zum Einsatz. Und was soll ich sagen? Weniger ist manchmal mehr. Schon beim ersten Schnuppern füllt sich die Nase mit einem satten Wacholderaroma, aber es gibt noch mehr – viel mehr: Menthol, Eukalyptus, Harz. Man könnte meinen, man steht im Wald. Dazu Limette, Rose und eine gute Prise Pfeffer.
Der Geschmack kann leider nicht ganz mit dem Geruch mithalten, aber auch hier liefert der Just Juniper Berry eine ordentliche Portion Wachholder – natürlich. Vorteil: Wer seinen Gin & Tonic gerne im Verhältnis 8:1 mixt (da frag ich mich dann immer: warum den Gin nicht gleich weglassen?), schmeckt trotzdem noch deutlich den Gin heraus. Das ist bei anderen Sorten oft nicht mehr der Fall.
Beim Purgenuss gibt’s aber auch deutliche Anklänge von Menthol und Pfeffer, etwas Limette. Die 43 Prozent Alkohol sind übrigens gut eingebunden. Er liegt weich im Mund und geht recht sanft runter. Ein guter Gin, gefällt mir.
The Illusionist: Tinte im Glas
Dieser Gin aus München fällt sofort auf. Er ist blau, die Farbe erinnert mich an Tinte. Verantwortlich ist dafür eine blaue Blüte aus Fernost. Welche genau? Da hält sich der Hersteller bedeckt. Daneben kommt noch eine ganze Liste weiterer Botanicals zum Einsatz, wie man es von modernen Gins inzwischen schon gewohnt ist: Wacholder, Kardamom, Lavendel, Süßholz, Angelika, Rosmarin, Muskatblüte und Zitrusfrüchte.
Beim ersten Riechen überrascht mich sofort der krasse Rosmaringeruch, den ich nicht mehr loswerde. Passend zur Farbe – aber vielleicht beeinflusst das auch nur mein Empfinden – kommen noch Lavendel und Veilchen dazu. Auch Wacholder und ein bisschen Orange sind dabei. Aber Rosmarin schwebt über allem und ist extrem dominant.
Im Mund das Gleiche: Als hätte ich eine riesige Portion Rosmarin-Kartoffel gegessen. Verrückt! Als Beilage gibt’s Muskat, Pfeffer und wieder ein bisschen Veilchen. Aber ganz oben steht Rosmarin, Rosmarin und noch mal Rosmarin. Das muss man schon mögen, ich finde es zumindest interessant – im positiven Sinne. Die starken 45 Prozent Alkohol verspüre ich übrigens als angenehm und kaum wahrnehmbar.

Fazit
Zu allererst einmal finde ich es natürlich super, dass ich mit der ersten Gin-Box von den Abonauten drei Sorten erhalten habe, die ich noch nicht kenne. Von daher hat sich das schon mal gelohnt. Dass die Gins nicht alle meinen Geschmack zu 100 Prozent getroffen haben, ist natürlich nicht Schuld der Abo-Anbieter – und auch gar nicht ihre Aufgabe. Im Gegenteil: Ich will ja Neues kennen lernen und da muss man dann auch mal hinnehmen, dass ein Gin nicht mundet – wie in diesem Fall der Tschin. Wirklich interessant – und zwar eben nicht im biolek‘schen Sinne – fand ich den blauen The Illusionist. Echt gut kommt in meinem Tasting der Just Juniper Berry weg. Das sieht man mal, dass man selbst mit nur einer Zutat – nämlich Wacholder – trotzdem eine enorme Aromenbandbreite kreieren kann. Respekt.